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Ambleteuse  (im Pas-de-Calais)1

(von André Bruns, Luxembourg)

Die ersten uns bekannten Befestigungen von Ambleteuse gehen auf die Jahre 1544-1548 zurück.
Der englische Koenig Heinrich VIII. hielt zu dieser Zeit das gesamte Gebiet zwischen Calais und Boulogne besetzt.
Die ursprünglichen Pläne der Festungswerke hatte der königliche Baumeister John Rogers erstellt.

 

Die Befestigungen bestanden aus:

· dem Fort de Slack, eine viereckige Anlage mit 4 Bastionen, das den Hafen von Ambleteuse und den Oberlauf der Slack bis Marquise beherrschte (heute: lotissement du Belvédère).
· der Zitadelle, ein fünfeckiges bastioniertes Fort. Der Entwurf (1546) stammte von Heinrich VIII. selbst, der das Projekt in der Art eines Kronwerks seines Baumeisters John Rogers verworfen hatte
2. Die Wälle und Bastionen bestanden aus Erde, nur die Flanken der Bastionen und die Tore sollen gemauert gewesen sein. Die Erdwerke mußten nach jedem Winter neu aufgeschüttet werden 3. Diese Anlage ist deshalb interessant, weil sie zu den allerersten bastionierten Befestigungen englischer Baumeister zählen. Möglicherweise hatte auch ein italienischer Ingenieur seine Hand im Spiel.
· einer Batterie an der Mündung der Slack in den Ärmelkanal (Strandfort, Rotes Fort).

Am 24. September 1549 griffen die Franzosen, mit 25 Geschützen, zuerst das Fort Slack an. Das Fort wurde von 500 Mann mit 22 Geschützen verteidigt. Nach 2 Stunden ließen die beiden englischen Befehlshaber ihre Bereitschaft zu Verhandlungen erkennen. Während der Verhandlungen, die durch einige Tricks in die Länge gezogen wurden, nahmen die Franzosen das Fort ein. Die Franzosen griffen daraufhin sofort das Strandfort an, dessen Besatzung sich in die Zitadelle zurück zog. In der Zwischenzeit hatten die dort liegenden Engländer die Unterstadt angezündet. Die Beschießung der Zitadelle begann am Morgen des 25. September. Die Engländer ergaben sich am selben Tag, nicht ohne vorher den Rest der Stadt in Brand gesetzt zu haben. Die Franzosen plünderten die englischen Vorräte und die Engländer durften sich nach ihrer Kapitulation zurückziehen, wobei sie nur mitnehmen durften, was sie am eigenen Leibe trugen.
Nach dem Friedensschluss von 1550 blieb die Festung in französischem Besitz. Nachdem sie 1552 fast erneut in englische Hand gekommen wäre, ließ Heinrich II. die Befestigungen im Jahr 1554 schleifen.
Über hundert Jahre später – Frankreich führte Krieg gegen die Niederlande – sollte Ambleteuse zu einem befestigten Kriegshafen ausgebaut werden. Vauban ließ die Umrisse der englischen Befestigungen freilegen. Seinem Projekt von 1680 nach sollte die Zitadelle am selben Ort neu erbaut, die Stadt umwallt, ein Hafen mit zwei Schleusen und zwei an ihren Enden befestigten Molen angelegt werden. Das heute noch erhaltene Fort sollte Teil der Stadtumwallung sein und ersetzte das frühere Strandfort.

Tatsächlich ausgeführt wurden nur:
· das Fort,
· das Hafenbecken, das allerdings ebenso schnell versandete wie es gegraben wurde, und
· die beiden Molen, aus angehäuften Steinen und gerammten Holzpfählen und ohne die beiden Forts an ihren Köpfen.


 

Infolge des Krieges gegen die Augsburger Liga (1688-1697) wurden die Arbeiten eingestellt.

1801 beauftragte Napoleon General Savary mit der Aufstellung der Flotte für die Landung in England. Savary legte ein ehrgeiziges Projekt für den Ausbau des Hafens von Ambleteuse vor. Die Arbeiten wurden 1803 unter sehr hohen Kosten ausgeführt. 26.000 Mann sollten hier eingeschifft werden. Im September trafen die ersten Truppen in Ambleteuse ein, wo sie in einem Barackenlager untergebracht wurden. Am 18. Juli 1804 lief die batavische (niederländische) Hilfsflotte, nach einem erfolgreich bestandenen Gefecht gegen eine englische Flotte von 45 Schiffen, in Ambleteuse ein. Am 17. Juli 1805 unternahmen die Engländer einen letzten Angriff gegen den Hafen, um die hier liegenden Transportschiffe zu zerstören. Das Unternehmen wurde von den Schiffen des Admirals Verhuel vereitelt 4.  Napoleon gab die Idee einer Landung in England auf und im Augsut 1805 verließen seine Truppen die Kanalküste. Die batavische Flotte blieb bis September 1807.

1854-1856 sammelten sich bei Ambleteuse die Einheiten zur Verschiffung nach der Krim.

Während des 1. Weltkrieges befand sich hier das Hauptquartier des portugiesischen Hilfskorps, das sich im März 1918 ebenfalls in Ambleteuse für die Rückkehr nach Portugal sammelte. Ein Denkmal erinnert noch heute an diese Ereignisse.

Im Mai 1940 wurden die Unterstadt und mehrere Villen durch Luftangriffe beschädigt. Das Fort Vauban wurde von deutschen Truppen besetzt um einmal mehr gegen die Engländer benutzt zu werden. Letztere führten hier einige Kommandounternehmen durch, wobei ein deutscher Offizier gefangen genommen wurde. 1944 wurde das Fort durch Beschuß von See her beschädigt.

     (Foto P. Waltje)              



Falls nicht anders angegeben, stammen die Angaben zu diesem Text und die Zeichnungen aus der Broschüre:
1MEIGNÉ: Ambleteuse, son port - son fort. Les amis du fort d’Ambleteuse, 1991.

2HUGHES, Quentin: Military Architecture. Liphook: Beaufort Books, 19912, S. 87.
3SAUNDERS, Andrew: Fortress Britain. Liphook: Beaufort Books, 1989, S. 51.
4FOURNET, Louis-Henri: Le Journal du Consulat et du 1er Empire. Antony: Sides, 1990.


 Copyright André Bruns; Luxembourg; 03/1998