Ausstattung der Bunkeranlagen der Luftverteidigungszone West
(von P. Waltje im Juli 2018)
Die Luftverteidigungszone West (LVZ West) stellt
innerhalb der Gesamtkonzeption des Westwalls ein in sich geschlossenes
Befestigungssystem mit eigenen Aufgabenstellungen dar. Obwohl immer wieder
belaechelt und als laestiges Anhaengsel des Westwalls betrachtet finden sich
hier doch unbedingt eine Menge eigener Loesungsansaetze die, bei genauerer
Betrachtung, doch groessere Unterschiede zu den Bauwerken des Westwalls
zeigen, als dies landlaeufig so angenommen wird.
Die durchaus duerftige Quellenlage zu diesem Befestigungssystem macht die Erforschung der LVZ West
zudem auch recht anspruchsvoll.
Mittlerweile ist es durch jahrelange Arbeit gelungen, manche Luecke zu
schliessen, wobei sich des Oefteren allerdings auch wieder neue auftun.
Wenn sich auch die Bauwerke der LVZ West in vielen Faellen, an den Konstruktionen
des LIMES- Bauprogrammes orientieren, lassen sich bei naeherer Betrachtung
doch viele Unterschiede erkennen.
Unter Anderem hat man hier durchgaengig auf die angehaengten Kampfstaende des LIMES-
Bauprogramms verzichtet.
Diese Unterschiede zeigen sich auch in der Ausstattung der Bauwerke, einmal, was
die verwendeten Panzerteile und Tueren anbelangt, aber auch die
Ausstattungsteile im Innern der Anlagen, wie z.B. Lueftermaschinen, Oefen und
sogar die Betten. Dies ist sicherlich hauptsaechlich dem Umstand geschuldet,
dass in dieser Zeit eine rege Bautaetigkeit an der gesamten Westgrenze
stattfand und es somit zu Lieferengpaessen für die benoetigten Teile kam. Die
Planer und Erbauer der LVZ West mussten also andere Loesungen entwickeln, um
ihre Anlagen in der vorgegebenen, kurzen Zeit einsatzbereit zu bekommen.
Die Ausstattungsteile sollen nun nachfolgend vorgestellt werden, wobei die
meisten dieser Teile nicht im Panzeratlas 1 verzeichnet sind. Es sind auch
hier bis heute keine Unterlagen aufgetaucht, die diese Teile beschreiben.
Kleinstglocke
Begonnen werden soll mit dem wohl mittlerweile seltensten Bauteil der LVZ
West, der Kleinstglocke der Pz- Staende. Von dieser existieren nach meiner
Kenntnis noch 2 Exemplare, wobei eines auf dem ueberhaupt letzten intakten
Pz- Stand im Saarland steht. Nach Bettinger/ Bueren war im Bauplan die
Kleinstglocke 9a P7 fuer dieses Bauwerk vorgesehen, wobei belegbar ist, dass
sich im Bereich (Eitelsbach - Gusenburg) der Ueberwachungsgruppe 12
(Hermeskeil) Kleinstglocken tschechischer Herkunft auf den 13 dort
befindlichen Pz- Staenden befanden. Ob diese identisch zu dem bekannten
Modell bei Namborn sind, ist nicht zu belegen, da Nachfragen bei den
tschechischen Festungsforschern ergaben, dass diese Glocke dort unbekannt
ist. In der damaligen Propaganda erschien diese Kleinstglocke gelegentlich,
z.B. auch in der Ufa Tonwoche 477 vom 25.10.1939. Die bekannten Kleinstglocke ist 1 m hoch, hat einen Innendurchmesser von 0,90 m
und eine Wandstaerke von 60 mm. Sie besitzt 4 groessere, rechteckige Oeffnungen
in der Hauptbeobachtungsrichtung, die mit konischen Kloetzen von aussen
verschlossen werden koennen, die innen verschraubt werden. In diesen Kloetzen
befinden sich wiederum kleine Oeffnungen. Nach hinten gibt es 2 kleinere
Oeffnungen, die allerdings nicht verschlossen werden koennen.
"Der Adler" Nr. 14
vom 14.08.1939
Pak- Tor
Es existiert kein Hinweis, welches Tor in dem Pak-Unterstellraum des Pz-Standes
verbaut werden sollte, wie dieses aussah und ob überhaupt eines in der
letzten intakten Anlage eingebaut worden war.
SCHARTENPLATTEN
Mg-Schartenplatte für B-Staende
Für die B-
Staende war in den Originalbauplaenen eine Stahlschartenplatte 7 P7
vorgesehen. Bis heute konnte in der gesamten LVZ West keine Anlage
nachgewiesen werde, in der diese Platte verbaut wurde. Stattdessen wurde
eine in der Hoehe etwas kuerzere Stahlplatte mit den Aussenmassen 3,40 m x 2,60
m verbaut, die aus 4 Einzelplatten mit jeweils 30 mm Staerke zusammengesetzt
ist, so dass sich eine Gesamtstaerke von 120 mm ergibt. Da eine solide Platte
eine hoehere Festigkeit aufweist als hintereinander gesetzte Einzelplatten,
hat diese somit eine der 7 P7 vergleichbare Festigkeit.
Die Platte
ist an der Aussenwand angebracht und demzufolge wurde auch auf eine
Mauerscharte verzichtet.
Von dieser
Platte gibt es eine sehr interessante Variante, bei der ein zusaetzlicher,
groesserer Sehschlitz herausgeschnitten ist. Man findet diese in B-Staenden,
die zusaetzlich als B-Stellen in z.B. Flak-Batterien vorgesehen sind.
Vermutlich konnte an der darunter befindlichen Aufnahme ein Scherenfernrohr
oder aehnliches eingehaengt werden.
Die
Verschluesse der Schartenplatte weisen die fuer die LVZ West typischen Riegel
und Scharniere auf.
Schnitt mit 4 Einzelplatten
Variante mit zusaetzlicher Oeffnung fuer Beobachter
Schartenplatte fuer flankierende Anlagen der
U-Staende
Es gibt
ebenfalls keinen Hinweis, welche Platte aus dem Panzeratlas hier vorgesehen
war. Auch das verwendete Bauteil findet sich nicht im Panzeratlas.
Es handelt
sich um eine 30 mm starke Platte mit den Aussenmassen 0,96 m x 0,75 m. Der
Schartenverschluss ist aus der Mitte nach links verschoben und weist die
typischen Riegel und Scharniere auf. Die Platte ist an der Innenwand
angebracht und von aussen ist eine Treppenscharte vorbetoniert.
Es existieren im Saarland 2 B-Staende, bei denen
diese Platte als Kampfscharte verwendet wird. Um den fraglichen Schutzwert
dieser Platte als Frontalscharte ein wenig auszugleichen, hat man hier
ebenfalls eine Treppenscharte vorbetoniert.
Variante der Platte als frontale
Kampfscharte mit Treppenscharte
Nahkampfscharte
Diese
Nahkampfscharte findet man in allen Anlagen der LVZ West, ausser in den
M-Staenden. Laut den Originalplaenen war hier der Gewehrschartenverschluss 57
P8 in D (20 mm) vorgesehen. Tatsaechlich verwendete man eine Platte mit
identischen Massen, die jedoch 25 mm (!) stark ist. Weiterhin ist sie wieder
mit den typischen Riegeln und Scharnieren versehen.
Als
interessante Variante hat man diese Platte auch zum Verschluss der
Brunnenschaechte an den Bunkeranlagen verwandt. Dazu hat man die Riegel
entfernt und den Schartenverschluss mit der Platte verschweisst.
Schartenplatte als Brunnenabdeckung
TUEREN
Auch bei den Tueren, egal ob Panzer- oder
Blechtueren, findet man in der gesamten LVZ West andere als die in den
Bauplaenen urspruenglich vorgesehenen. Auch an diesen Tueren kann man die für
die LVZ West typischen Riegel- und Scharnierkonstruktionen sehen.
„Kleine“
Panzertuer
Diese 30 mm
starke Stahltuer aus Walzstahl ersetzt die urspruenglich vorgesehene Stahltuer
433 P01. Sie ist mit Aussenmassen von 0,88 m x 1,18 m ein wenig groesser als die
vorgesehen Tuer, was allerdings nur eine geringe Abweichung darstellt. Sie
besitzt in der Mitte ebenfalls ein Mannloch und ist normalerweise an der
Aussenwand der Bunkeranlagen angebracht. Lediglich bei den etwas „moderneren“
F-Staenden und den V-Staenden ist sie in den gebrochenen Eingang verlegt. Man
findet diese Tueren jedoch auch in Wasserversorgungsanlagen oder
Brueckensicherungswerken. In einem Fall wurde sie als Abdeckung eines tiefen
Brunnenschachtes verwendet.
„Große“
Panzertuer
(Kitzinger-Tuer, Mannesmann-Tuer)
Diese 30 mm
starke, ungeteilte Tuer aus Walzstahl mit den Aussenmassen 0,80 m x 1,70 m
findet man regelmaessig in Pz-, K- und M-Staenden. An den M-Staenden faellt sie
am ehesten ins Auge, da sie hier an der Aussenwand angebracht ist. Bei den
anderen genannten Bauwerken befindet sie sich im Innern der Anlagen.
Vorgesehen
war in den Bauplaenen die geteilte Stahltuer 434 P01. Auch hier ist die
verwendete Tür ein wenig groesser als die urspruenglich vorgesehene.
Diese Tuer
wurde in den K-Staenden eingebaut, wie auch in den Bauplaenen urspruenglich
die Stahltuer 434 P01vorgesehen war. Dies ist eine Weiterentwicklung und als
deutliche Verbesserung der im LIMES-Regelbau 32 vorgesehenen niedrigen
Tueren 433 P01 zu werten.
Diese Tuer
findet sich diesmal sehr wahrscheinlich auch im Panzeratlas 1 unter der
Bezeichnung 725 P3. In der Anlage zu II des „Entwicklungsberichtes der
Waffenkommission Fest“, Stand 15.2.1941 ist bei diesem Bauteil die
Bezeichnung „Kitzingertür“ eingetragen, was diese Vermutung bestaetigt, da
General Karl Kitzinger als Kommandeur der LVZ West fuer deren Bau
verantwortlich war.
In einer
weiteren Quelle wird als Produktionsfirma "Mannesmann" genannt.
Diese Tuer
ist interessanterweise auch in anderen Befestigungsbereichen zu finden, in
denen man sie eigentlich nicht erwartet. So findet man sie auch am Westwall,
am Atlantikwall und sogar mit mindestens einem Exemplar im FHQu
Wolfsschlucht 2 in Margival.
INNENTUEREN
Auch bei
den Innentueren findet man andere Ausfuehrungen, als die in den Bauplaenen
vorgesehenen.
Gasschutztuer
Urspruenglich war hier die Gasschutztuer 19 P7 vorgesehen. Verwendet hat man
hier eine Blechtuer aus dem zivilen Luftschutzbereich, die sicherlich zu
dieser Zeit wesentlich einfacher zu beschaffen war. In der zivilen
Ausfuehrung kann diese Tuer im oberen Drittel ein rundes Guckloch haben, auf
das man bei der militaerisch genutzten Ausfuehrung verzichtet hat, wobei es
auch bei der zivilen Nutzung als Schutzraumtuer dieses nicht unbedingt
vorhanden sein muss. Diese Tuer hat mit 0,88 m x 1,79 m ein wenig groessere
Ausmasse als die urspruenglich vorgesehen Tuer. Auch diese Tueren wurden bei
Mannesmann gefertigt.
Notausgangstuer
An den
Notausgaengen war die Blechtuer 410 P9 vorgesehen, die allerdings ebenfalls
nicht verwandt wurde. Stattdessen fand eine 0,7 m x 0,9 m große Blechtuer
Verwendung die eine verkleinerte Ausfuehrung der Gasschutztuer darstellt.
Die Ausfuehrung der Notausgaenge entspricht der
bekannten Art der Westwallbauwerke. Allerdings fanden bei den Schaechten an
den Aussenseiten der Anlagen sehr haeufig Betonformteile Verwendung.
LÜFTUNG
Lueftungspanzer
Die von den
Westwallbauwerken bekannten Lueftungspanzer gibt es bei den LVZ-Bauwerken
nicht. Hier hat man einen Trichter aus Zinkblech an das zugehoerige
Lueftungsrohr angeschlossen und diesen dann einbetoniert. In diesem Trichter
befindet sich ein Gitter aus 4 Rundeisen, die aus dem Trichter seitlich
heraus ragen und die Verankerung im Beton darstellen. Aussen wurde ein
Lochblech aufgesetzt, das mit dem Gitter fest verschraubt wurde.
Lueftung
im Innenraum
Auch bei
der Lueftung finden sich Unterschiede zu den normalerweise vorgesehenen
Bauteilen. Der
grundsaetzliche Aufbau der Lueftung ist in der bekannten Art mit VW Filter,
runder Schwebstofffilterpatrone und runder Aktivkohlepatrone.
Lueftermaschine
Als
Lueftermaschine fand hier ein 1,2 m3 Drehkolbenluefter der Firma
Rheinwerk aus dem zivilen Luftschutz, mit der Bezeichnung LS 3, Verwendung.
Diese Lueftermaschine wurde, wenn lieferbar, sukzessive durch den
urspruenglich vorgesehenen HES 1,2 ersetzt.
Im Bereich
der LVZ West im Saarland sind einige Anlagen mit den unterschiedlichen
Befestigungspunkten zu finden, bei denen dieser Austausch stattgefunden hat.
Aufnahme fuer LS 3 und darueber fuer HES 1,2
Ventile
Bei den
Ventilen finden sich solche aus dem zivilen Luftschutz-Bereich, wie auch die
bekannten Däger-Ventile mit dem beweglichen Einstellgewicht. Bei den
verwendeten Ventilen wird der Oeffnungsdruck durch Drehen des Ventiles
eingestellt.
HEIZUNG
Die Beheizung der Anlagen wurde durch Oefen
sichergestellt. Vorgesehen war hier der druckfeste Ofen Wt 80 der Firma
Haas. Auch dieser wurde nicht eingebaut, da er wohl in der geforderten Menge
nicht lieferbar war. Also behalf man sich in der LVZ West mit
handelsueblichen Oefen aus dem zivilen Bereich. Sehr oft wurde hier auch der
Grabenofen verwendet, der eigentlich für (Erd-) Bunker in Feldstellungen
gedacht war.
In den
Quellen findet sich der Hinweis auf einen Ofen mit der Bezeichnung SO 23,
der fuer den Einsatz in der LVZ West vorgesehen sein sollte und von der Firma
Riessner Werke AG in Nürnberg gefertigt wurde. Im Museum Bad Bergzabern
befindet sich ein Ofen, der nach Aussage von Fuchsgruber ein SO 23 sein
soll. Weiterhin wurden in einer Anlage einige Schamottsteine gefunden, die
alle die Bezeichnung SO mit unterschiedlichen Ziffern tragen. Letztendlich
konnten bis dato jedoch keine Belege zu diesem Ofen gefunden werden.
Allen
diesen Oefen war zu eigen, dass sie nicht druckfest waren und bei einem
Verschluss des Ofenventils aus der Anlage gebracht werden mussten.
Grabenofen
SO 23 (?)
GASDICHTE SCHRAENKE
Auch die
gasdichten Schraenke für Lebensmittel, Verbandsmittel, ect. hatten in der LVZ
West eine eigene Form. Die Aussenmasse der Schraenke waren gleich denen der
Westwallausfuehrung, jedoch wurden sie oft hochkant aufgehaengt und der
Verschlussdeckel hatte einen genieteten Rahmen.
BETTEN
Die
verwendeten Betten hatte immer eine Auflage aus Stahlgeflecht. Jedoch findet sich in der
LVZ West eine fuer diese typische Abart der ueblichen Betten. Diese weisen
naemlich oft spitze Ecken auf, die es so in den Westwallbauwerken nicht gab.
Allerdings fanden in der LVZ West ebenfalls die bekannten Betten mit den
runden Ecken Verwendung.
SEHROHR
In den
Bauwerken B, F, U finden sich Flanschen an Rohren in der Decke eines Raumes,
die der Aufnahme eines Sehrohres dienen sollten. Auf den Einbau von
Stahlfuehrungsrohren (Panzerbauteil) hat man verzichtet, wie man auch davon
ausgehen kann, dass kein Sehrohr eingebaut wurde. Von aussen war das
Fuehrungsrohr mit einem Einsatz verschlossen, der eine kleine, runde Haube
gegen Regenwasser und ein darunterliegendes Lochblech hatte. Der Einsatz
konnte dann von unten im Bauwerk befestigt werden.
Verschluss innen
Verschluss aussen
WAFFEN
Grundsaetzlich sollten in der LVZ West die gleichen
Waffen des Feldheeres verwendet werden, wie auch in den Bunkerbauwerken des
Heeres. Dies ist so in der Gesamtkonzeption des Westwalles vorgesehen und
auch dem Umstand geschuldet, dass die Anlagen der LVZ West, soweit sie nicht
fuer „reine Luftwaffenaufgaben“ (Flak-Batterien) vorgesehen waren, von
Truppen des Feldheeres besetzt werden sollten.
Allerdings
wurde in den B-Staenden der LVZ West haeufig das tschechische Mg 26 (t)
eingesetzt.
Damit endet
die Aufstellung der augenscheinlichsten Unterschiede der LVZ-Bauwerke im
Vergleich zu den vorgesehen Einbauteilen und den Westwall-Bauwerken. Es gibt
sicherlich noch unzaehlige kleinere Unterschiede, einerseits was die
Bauausfuehrung und andererseits die Einrichtungsgegenstaende anbelangt.
Da die
Quellenlage ueber die LVZ West immer noch lueckenhaft ist, koennen manche Dinge
nicht eindeutig belegt werden.
Wir wuerden
uns ueber jede Hilfestellung und Information freuen, die unsere Erkenntnisse
bestaetigen oder erweitern wuerde.
Quellen
beim Verfasser
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